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Das perfekte Wohnmobil

Das perfekte Wohnmobil

Die vergangenen Tage verbrachten wir in Punto del Diablo, einem Feriennest im Nordosten Uruguays. Entgegen Berichten Anderer ist hier aber kaum was los, auch recht. Katja streunt bereits durch Patagonien und lässt grüssen.

Wenn man so entspannt am Strand abhängt, ohne Uhr und ohne Socken und sich ab und an vom Hund spazieren führen lässt, hat man auch mal Zeit eine kleine Geschichte aufzuschreiben. Und was liegt da im Moment näher, als den Werdegang meines geschätzten (rollenden) Zuhauses zu Papier, sprich auf Bildschirm zu bringen?

Die Story vom Fahrzeug selbst, unabhängig von den Geschichten, die dranhängen. Also hier ist die Kurzform von:

Mollys Geschichte

Ihre Entdeckung
Im Jahre 2003 fand ich sie in Ebay. Damals Maigrus-Fan und schon ein wenig in der Materie Oldielaster bewandert, sah ich sofort, dass wir hier ein ganz besonderes Schätzchen haben. denn alte Laster haben in der Regel eine Einzel- oder Doppelkabine mit irgendeinem Aufbau hinten. Dieser hat eine voll integrierte Karosserie. Einmalig. Um mich zu vergewissern, besichtigte ich die Schönheit umgehend in Köln, wo sie von einem netten jungen Peruaner angeboten wurde. Alles echt, kein Traum. Der Mann liebte den Wagen auch, hatte aber nicht die nötigen Mittel um was ordentliches daraus zu machen. Er träumte auch den Traum vom perfekten Wohnmobil. Und siehe da, wieder zuhause angekommen, den „Bieten“ Knopf in Ebay gedrückt und das Teil zum Startpreis von unter 5000€ erstanden, grandios.

Historie
Der Laster wurde seinerzeit (also etwa um meine Geburt herum) vom Fraunhofer Institut für Umweltphysik bestellt. Die Aufgabenstellung für den Karosseriebauer lautete: Liefert ein Fahrzeug, mit dem drei Geologen irgendwo im Gelände schweres Bohrgerät aus- und wieder einladen können. Plus Labor mit  Klimaschrank. Ein Hitzeschutzdach und eine ordentliche Entlüftung wäre noch recht, Rechnung bitte an Vater Staat. Bitte – Danke.

Und so hat sie dann viele Jahre auch ihren Dienst verrichtet. Sie wurde in’s Gelände gefahren, mit vier hydraulischen Stützen stabilisiert um dann mit dem Ladelift das schwere Gerät ausladen zu können. Danach wurden die gewonnenen Bohrkerne im Säurewaschbecken präpariert und dann gekühlt gelagert. (Selbiges flog natürlich genauso raus, wie später auch das Hydraulikzeugs.)

Strassentauglich
Mit einer Endgeschwindigkeit von 72 km/h liess sich kaum irgendwo im Strassenverkehr mithalten. Also in Belgien ein billiges Spenderfahrzeug aufgetan und die Achsen tauschen lassen. Jetzt waren immerhin 85 Sachen drin. Noch ein Paar 12,5R20 Unimogwalzen auf alten Zil-Felgen und die Kiste lief Hundert. War aber mangels Servolenkung kaum noch zu fahren. Also Umrüstung auf schmale 10.00/20 Reifen. Jetzt ging es. Mit 80.000 Kilometern, war der Motor zwar gerade mal eingefahren, aber mit 110 PS sehr schwach auf der Brust. Also auf zur Firma Niemz, einem bewährten Dieseltuner bei Stuttgart. Dann zwar mit rund 30 PS mehr vom Hof gefahren, aber unter Vollast sah es im Rückspiegel so aus, als käme man gerade aus einem Tunnel heraus. Das war just an jenem Tag, als in Deutschland die Feinstaubplakette eingeführt wurde. Aber egal, war ja kein Feinstaub, sondern ordentlicher Dreck, der da hinten rauskam. Jetzt konnte man ganz gut im allgemeinen Verkehr mitschwimmen. Um den Laster noch langstreckentauglich zu bekommen, hat ein kauziger Schmid vom Land dann noch einen prima 300 Liter Tank hineingezimmert.

Der erste Ausbau
erfolgte binnen kürzester Zeit und mit einfachsten Mitteln. Erst mal einen Durchgang ins Fahrerhaus gesägt. Dann eine gebrauchte Camperküche aus dem Ebay gefischt und den ganzen Rest aus einem alten Messebausystem und Lochblech zusammengezimmert. Über die erwähnte Auktionsplattform fand sich dann noch das sanitäre Glück: Ein Reisebusklo und eine runde Sitzbadewanne (die aber stets nur als Behälter für alles mögliche herhalten musste).
Damit gings dann ab nach Indien und eine Marokkotour zwei Jahre später war auch noch drin. Dann war das Interieur echt runtergerockt, aber was noch viel schlimmer war, der Motor hatte sich auf einen Ölverbrauch von 6l/100km hochgeschraubt und war damit am Arsch.

Motor- und andere Dramen
Da sollte man denken, dass sich so ein Aggregat auftreiben lässt, aber weit gefehlt. Die gute Molly war ja zum Einen eh eine Sonderanfertigung, die dann zum Anderen just in der Zeit des Modellwechsels der Kurztauber fiel. Alles speziell. Und ich wollte zudem noch unbedingt eine Turbomaschine, damit man auch mal ne Düne hochkommt. Nichts zu machen, sagte Benz. Doch nicht locker lassen, heisst die Devise und so habe ich denen so lange die Ohren voll geheult, bis sich nach zwei Monaten Rechechearbeit herausstellte, dass sich mein Wunsch eventuell doch erfüllen liesse. Und so wurden aus Mercedes-Lagern in ganz Deutschland, die Einzelteile für die letzte mögliche Maschine zusammen getragen, zusammen- und eingebaut und das zum absoluten Freundschaftspreis (bitte kommen sie bloss nicht wieder…).

Weit gefehlt, denn jetzt musste ja noch eine Servolenkung her, um den Status des Expeditionsfahrzeuges zu bekommen, auch wieder sehr problematisch, nix normal. Aber siehe da, die Lenkung aus einem 1113 Spendenfahrzeug konnte quergetauscht werden. (Den Spender konnte ich dann zum selben Preis wieder nach Afrika verticken.) Um die Sache noch rund zu machen und eine Hinterachssperre an den Start zu bekommen, musste ein THW-Laster mit gerade mal 8000 km herhalten. Also noch mal die Achsen getauscht. Der technische Luxus wurde dann noch komplettiert durch eine getrennte Untersetzung. (Umbauanleitung aus dem Netz gezogen und damit zu Benz marschiert: Hallo, ich bin es wieder.)

Finaler Ausbau
So und jetzt mal ran an den amtlichen Innenausbau. Genug Zeit hatte ich in dem Wagen ja schon verbracht, um eine Vorstellung zur besten Raumausnutzung zu machen. Vor allem sollte es sich anfühlen wie ein Zimmer, nicht wie ein Camper. Mit Hilfe von Meister X kam dann der Rohbau aus stabilstem Multiplex-Holz zustande. Bett im Heck mit Erweiterungsmöglichkeit. Tisch klappbar und ein hoher Küchenblock. Eine gute, robuste Basis. Je ein Bullauge in der Haustüre und der Küche brachten dann auch (mehr) Licht in die Angelegenheit. Einen Ofen fand ich schon immer toll, Innbegriff von Häuslichkeit, also eine kleine Feldheizung der Bundeswehr installiert, man weiss ja nie… Da drauf kam dann der Herd (als einziges Gasgerät). Eine amtliche 24V Kühlbox und ein Klappsofa noch und fertig war die Einraumwohnung.
Um stets und ausreichend Strom zu haben, kam unten noch ein leises, fernsteuerbares Dieselaggregat mit 2,5 KV rein. Zwei fette Verbraucherakkus, ein entsprechender Wechselrichter und selbstmurmelnd eine dicke Klimaanlage. Hier und da noch zusätzlich ein Ventilatörchen zur Erfrischung.
Und um den Wagen einigermassen einbruchssicher zu bekommen, habe ich die Fenster vergittert (Ebay Suchbegriff: Schmiedeeisen – 3500 Treffer, viel Spass beim scrollen). An Haus- und Hecktüren kamen dann noch Überwurfriegel und, um die kleineren ungebeten Gäste fernzuhalten, eine rundum Moskitovernetzung.

So ging es dann durch Afrika und hat sich bewährt. Vor allem die Privatsphäre, wenn man die Tür schliesst, ist ganz hervorragend, denn keiner kann auch nur ins Fahrzeug glotzen. Eine rollende Burg.

Der letzte Schliff
Molly neigte ja von Anfang an zur Bildung von Wanderdünen im Innenraum. (Und auch der Stranddackel bringt immer welche mit.) Aber gerade auf staubigen Pisten hat sich durch den Unterdruck im Wohnraum selbiger durch jede Ritze mit Dreck gefüllt. Um diesem Phänomen entgegen zu wirken, gibt es jetzt eine Überdruckanlage. Ein leistungsstarker Rohrventilator drückt nun auf Nachfrage jede Menge gefilterter Luft hinten rein und der Dreck bleibt draussen.
Aber vor allem der Fahrkomfort schien noch stark verbesserungsbedürftig. Also wurde nach Mollys Rückkehr aus Südafrika das Fahrwerk auf Vordermann gebracht: Neue Federn vorne (Die hinteren wurden ja in Kenia schon getauscht,) und das Ganze auf neue, einstellbare Stossdämpfer gesetzt, juhu. Und um den Unebenheiten den letzten Schrecken zu nehmen, sind vorne zwei luxuriöse BW-Schwingsitze eingepasst, plus Klappsitz für den Dackel… ready to rumble!
Dem Strom wurde noch mit Solarpaneelen auf die Sprünge geholfen, damit auch bei langer Standzeit der Toast noch knusprig und die Milch kalt wird. Mit 400 Litern Wasservorrat und einem 15-Liter-Boiler steht nun auch dem Duschspass nichts mehr im Wege und der letzte Grund, einen Campingplatz aufzusuchen, entfällt. Voll autark, sicher, verlässlich und ordentlich geländegängig, was will der Rumtreiber mehr?

Facelift
Der Rost hatte inzwischen schon sehr am Führerhaus genagt und auch zahlreiche Schrammen und Dellen entstellten die alte Dame. Also auf zum Karosseriebauer des Vertrauens und einmal hübsch machen, bitte. Phosphorgrün, Petrol und Silber sollte es sein. Zum Schluss noch einen Satz schicker Fernscheinwerfer, neue Ohren (Aussenspiegel) und fertig ist die Schönheit. Das Fahrzeug fiel ja schon immer auf, aber jetzt schmeisst das alte Mädchen eine riesen Show. „Thumbs up“ – Daumen hoch – wo immer wir fahren.

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