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Das vergessene Mallorca

Das vergessene Mallorca

Sommer in Mallorca:

Das beudeutet für den Deutschen S Arenal für den Engländer Magaluf. Sommer, Sonne, Strand und Schnitzel. Ausgelassen feiern die sonst hart arbeitende Touristen ihren Jahresurlaub auf der 3.620 km2 großen Insel.

Sommer in Mallorca bedeutet aber auch 2, 1 Millionen Touristen, 180.000 Passagieren am Flughafen in Palma täglich und 90.000 Mietwagen auf den Straßen. (RP Online, 06.09.2016).

Dies ist Fluch und Segen zugleich.

Der finanziellen Reichtum den der Massentourismus in den Monaten von Mai bis Oktober mit sich bringt, ist für die industriearme Insel enorm hoch. Das Gegengewicht bildet dazu die ökonomische Belastung die durch den Massentourismus hervorgerufen wird.

Das Hauptproblem ist die Wasserarmut der Insel. Die Insel besitzt keine natürlichen Süßwasserquellen, keinen natürlichen See, keinen Fluss nicht einmal ein Bächlein.

Das Trinkwasser muss vom Festland mühsam importiert werden. Das importierte Süßwasser wird nach dem kurzen Gebrauch als Abwasser aus Kläranlagen ungefiltert in die Badebuchten geleitet, da die Kläranlagen nicht für die Wassermassen im Sommer ausgelegt sind. Dadurch gerät das sensible Ökosystem der Unterwasserwelt aus dem Gleichgewicht. Ein weiteres Problem der Tourismushochburgen ist die Abfallentsorgung. Im Jahre 2016 hat die Regierung eine Tourismussteuer für alle Touristen eingeführt, um die entstehenden Probleme Herr zu werden.

Das vergessene Mallorca

Neben den Hotelhochburgen und Partymeilen gibt es ein Mallorca, dass die wenigsten der 2,1 Millionen Touristen kenne. Das Landesinnere, die Pla de Mallorca ist geprägt von Landwirtschaft.

Kleine Dörfer reihen sich neben Mandelbaumplantagen und Getreidefeldern. Im Sommer ist dies die heißeste Gegend, im Winter jedoch schützen die Berge im Nordwesten den Landstrich, wodurch bis zu vier Ernten im Jahr möglich sind.

Fragt man einen alten Mallorquiner, für was seine Insel typisch, wird er die Windmühlen nennen. Nirgends soll es so viele Windmühlen geben, wie auf Mallorca. Diese entstammen aus einer längst vergangen Zeit, in der das Wasser aus Brunnen gepumpten wurde. Seit der Ära der Verbrennungsmotoren, sind die Windmühlen nur noch schöne Souvenire, die sich in verschiedene Vermarktungsformen an die Touristen verkaufen lassen.

Aus der Zeit der Windmühlen, stammt auch eine alte mallorquinische Familientradition. Der Erstgeboren erhielt das furchtbare Land im inneren der Insel, der Zweitgeborene das trockne, schwer zu bewirtschaftende Land an der Küste.

Heute, hunderte Jahre später hat sich das Blatt gewandelt und die Zweitgeborenen sind Millionäre. Auf ihrem unfruchtbaren Land stehen heute Hotels und schicke Villen. Die Strände wurden künstlich aufgeschüttet. Wohlhabende Europäer, aber auch Investoren aus aller Welt reißen sich um die Grundstücke in erster Strandlage.

Die Grundstücke der Erstgeborenen liegen heute brach. Die Natur holt sie sich Stück für Stück zurück. Auf halber Strecke zwischen Palma und Manacor liegt die kleine Gemeinde Montuïri, die für uns vier Tage unser Zuhause war.

Montuïri

Die Gemeinde und der gleichnamige Ort Montuïri zählt zu den ältesten Ortschaften Mallorcas. Steile, enge Gassen, alten Steinhäuser und die Kirche Sant Bartomeu aus dem 14 Jahrhundert verzaubern jeden Besucher. Mit seinen knapp 2900 Einwohnern und einem sehr geringen Ausländeranteil ist es heute noch einer der ursprünglichsten Orte Mallorcas.

Neben einem kleinen Supermarkt, einem Hotel, einer Apotheke findet sich noch eine Bar im Ort. Diese liegt direkt gegenüber der Kirche und bildet das kulturelle Zentrum des Ortes. Dort kommen Alt und Jung zusammen. Morgens kann man gemütlich bei einer Tasse Kaffee den Sonnenaufgang genießen und nebenbei die neuesten Geschichten der Insel erfahren.

Mittags und abends bietet die Bar leckere typische Speisen an. Die Öffnungszeiten der Bar variieren, zugeschlossen wird erst wenn der letzte Gast geht. Die Bar war auch unsere erste Anlaufstelle. Dort fielen wir als Touristen natürlich sofort auf und wurden freudig und neugierig begrüßt. Ein junger Mann erzählte uns von seinem Mallorca, welches fernab der Touristenhochburgen liegt.

Agrarflächen und Pinienwälder

Rund um Montuïri findet man Agrarflächen und Pinienwälder. Viele Agrarfläche stehen zum Verkauf. Ausländische Investoren sind trotz der niedrigen Preise nicht interessiert, da für diese Grundstücke keine Baugenehmigung vorliegt. In diesen Wäldern hat sich eine Community gebildet, die fernab des Tourismus in Ruhe die Vorzüge der Insel – im Einklang mit der Natur- genießen will.

Einer von ihnen ist Rocco. Er kaufe er sich 3000m² Waldgrundstück umgeben von anderen unbewirtschafteten Grundstücken, die alleine durch Zäune erkennbar sind. Dort lebt er seit ein paar Monaten. Aus Sperrholzplatten baute er sich eine kleine Hütte und einen Hühnerstall, in dem fünf glückliche Hennen leben.

Working like a real Man

Rocco steht mit seinen Hühnern auf und geht mit ihnen zu Bett. Er liebt das einfache, ruhige und zurückgezogene Leben. Abends brennt das Feuer und manchmal kommt ein Nachbar auf ein Bier vorbei.

Mit dem Fahrrad fährt er hin und wieder nach Montuïri bekommt von Supermarkt abgelaufene Waren geschenkt und pflegt seine sozialen Kontakte in der ansässigen Bar. Für ihn ist es die Erfüllung seines Lebenstraum. Die Insel ist perfekt, sagt er. Im Winter ist es selten nachts kälter als 4 Grad und auch im Sommer lässt es sich auf seinem bewaldeten Grundstück gut aushalten. Vom Massentourismus bekommt er auch im Sommer fast nichts mit. Nur wenige Touristen verirren sich in den kleinen Ort. Was auch gut ist, meint Rocco.

Er zeigt uns die Gegend, zahlreiche verlassene Grundstücke und eingefallene Steinhäuser. Viele der Grunstücke stehen leer. Andere wiederrum sind mit den typischen mallorquinischen Mauern eingezäunt. Mit prachtvollen Gärten und alten Villen. Man spürt die Ruhe und Gelassenheit. Hier ist die Welt noch in Ordnung.

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